Leihausrüstung für Lebensmüde


Hast Du echt keine Lust mehr? Keine Freunde, die Nachbarn hassen dich, niemand will Sex mit Dir haben, noch nichtmal für Geld? Oder gefällt Dir einfach die tolle Alliteration im Titel? Die Lösung ist die Tauchbasis "Evolution" auf Malapascua, Philippinen, und die dort erhältliche Leihausrüstung. Flossen, Booties und Gewichte kriegen sie grade noch hin. Aber an Tarier-Weste und Atemregler ist praktisch alles kurz vor Total-Versagen. Wenn Du was bemängelst, bekommst Du noch schlechtere Ausrüstung, ein todsicherer Deal also.

Das Allergrößte, die werben noch ernsthaft mit dem hohen Wartungs-Standard ihrer Leihausrüstung (15.08.2017):
We are constantly replacing and upgrading our equipment for rental and we do all our own servicing so we guarantee that everything is done to the highest European standards. We are an internationally recognised Aqualung Partner Centre and have only Apeks regs for our customers.
International anerkannte Sterbehilfe-Organisation würde besser passen, da gibts ja auch durchaus Bedarf. Deprimierend, wenn Unternehmen mit echtem Potenzial es einfach nicht schaffen, ihre Stärken herauszuarbeiten. Alternativ kannst Du Deinen Tod auch in Form einer Tauchlehrer-Ausbildung oder eines Tech-Diving-Kurses bei "Evolution" buchen. Hab ich allerdings jetzt nicht selbst ausprobiert, vor dem Ende hab ich doch noch kurz was in Deutschland zu erledigen, oder woanders.

Aber mal alles der Reihe nach. Im Frühjahr ist mir aufgefallen, dass alles, was ich unterwegs brauche, eigentlich in einen kleinen Rucksack passt, nur für die Tauchausrüstung brauch ich einen Riesenkoffer. Also einfach mit Leihausrüstung tauchen. Seit langem war ich mal wieder bei den Dahab Divers auf dem Sinai, alles ging super, inklusive Busanreise von einer Besuchsstation in Jerusalem über Negev, Taba und Sinai selbst. Weitere Tauch-Stationen in den Philippinen sind in den letzten Wochen gefolgt, und die Ausrüstung war sogar bei den absoluten Billigheimern OK, teilweise sogar nagelneu (etwa Cebu Dive Centre in Moalboal für sagenhafte 20,-€ pro Tauchgang mit Ausrüstung, ohne Computer). Nur das Rundum-Bedien-Programm bekommt man nicht abgestellt, man darf praktisch nichts selber machen, auch wenn das vorher vereinbart wird. Bei mir stellt sich dann immer ein dezentes Gefühl von Kontrollverlust ein, aber damit wollte ich jetzt umgehen lernen (OK, es gab Rückschläge, aber allgemein komme ich voran).

Und dann kam die Evolution in Malapascua dazwischen. Der Name passt, denn wer so dumm ist wie ich, und sich mit komplettem Müll zum Tauchen in's Wasser schicken lässt, verdient das Überleben eigentlich nicht. Tarierweste Nummer eins hing schon ziemlich in Fetzen. Gegen die Absprache durfte ich das Gerät nicht selber aufsetzen, gegen die Absprache war eine teurere 15l-Flasche drauf, was allerdings beim Auseinandernehmen und wieder Zusammensetzen aufgefallen ist, das ich sofort vorgenomme habe (mit 12l bin ich immmer zwischen 80 und 100 bar hoch, aber das Geschäftsmodell von Evolution hat das eigentlich nicht vorgesehen). Ebenfalls fiel auf, dass die Fangschlinge für das Flaschenventil fehlte. Nach mehrfacher Nachfrage hat man mir dann eine Ersatz-Weste gegeben: Eine Nummer zu klein, M statt L, und noch zerfetzter als die erste, aber mit Fangschlinge. Dafür ließ sich der Flaschenriemen dank Jahrzehnte altem Klettverschluss nicht mehr sichern (Bild), vor allem im Tunnel auf Gato Island mit knapp zehn Tauchern eine optimale Gelegenheit, mit rausrutschender Flasche alle Probleme endgültig zu lösen. Auf Nachfrage wurde mir mitgeteilt, das wäre schon in Ordnung. Irgendwie habe ich nicht die Nerven aufgebracht, mich rumzustreiten, und war zu faul, in eine andere Basis zu wechseln. Wie schon angedeutet, reif für einen Darwin-Award. Den zerfetzten Klettverschluss vom Tarierschlauch, der bei Berührung wieder auseinanderfällt (Bild) und die zerfetzten Seitenstaschen, mit denen man ideal hängenbleiben kann (Bild), habe ich dann nicht mehr erwähnt. Im ersten und zweiten Tauchgang hat der Regler mir dann immer schon Luft in den Mund gedrückt, aber noch nicht abgeblasen. Ich habe dann im zweiten Tauchgang mehrfach versucht, das mit dem Hebelchen an der zweiten Stufe abzustellen, da hat sich aber nichts geändert. Nachher hat mich der Tauchguide gefragt, was los war, ich hab's ihm erklärt, und er hat mich gefragt, ob ich denn damit hätte tauchen können, und da ich ja offensichtlich nicht ertrunken bin, wars für ihn dann anscheinend abgehakt. Auch keine schlechte Einstellung, wenn man einen schnellen Abgang braucht. Beim dritten Tauchgang gings dann nach zehn Minuten mit dem Abblasen los. Immer wenn ich nicht senkrecht im Wasser gestanden hab, ging die Luft raus, als würde ich ständig ausatmen. Das hat dann noch jede Menge Luft unter mich und in die Weste gespült, so dass ich ständig nach oben gedrückt wurde. Ich hab's versucht, unserer Guide zu erklären, aber die dachte, ich hätte keine Luft mehr, war aber ja noch einiges da. Dem Buddy zuliebe habe ich dann noch bis gut 50 Minuten ausgehalten, aber an Taucherlebnis war da natürlich nicht mehr zu denken. Wieder auf dem Boot wurde ich gefragt, was los war, und ob das denn am Tag vorher nicht schon passiert sei. Als ich sagte, dass der Regler vorher schon in den Mund gedrückt hat, nur eben nicht abgeblasen, wurde mir mitgeteilt, dass ich dass dann hätte sagen müssen. Hatte ich ja auch, aber danach wurde ich nicht gefragt, war also meine eigene Schuld. Dann bekam ich einen Ersatzregler für den zweiten Tauchgang. Ungefähr genauso alt, mit Rissen im Oktopusschlauch, weil jahrelang mit Billigbefestigung per enger Schlauchschlaufe gearbeitet wurde, deutlich leckendem Druckregler und zerbrochenem Mundstück. Aber der Regler hat, zumindest noch, nicht abgeblasen, und die Leckage hat noch keinen erheblichen Druckverlust verursacht. Das Mundstück wurde ersetzt, mit scharfkantig abgeschnittenem Kabelbinder gesichert, und ab mit mir in's Wasser. Da ich's trotzdem nicht geschafft habe, mir den Mund blutig zu reißen, gabs dann leider auch keine Haie zu sehen.

Da ich, wie gesagt, noch was zu erledigen habe, bin ich dem Projekt des sozialverträglichen Frühablebens dann erstmal nicht weiter gefolgt, aber das kann ja noch werden, ein gewisses Talent würde ich mir da durchaus zusprechen. Bis zum Abflug könnte ich mich dann noch im Restaurant des "Evolution" Resorts vergnügen, die Eigendarstellung ist da ähnlich realitätsnah wie bei der Tauchausrüstung: The Craic House is the best bar on Malapascua, no ifs, buts or maybes., bzw. an anderer Stelle one of the best restaurants in the province. Das Essen ist bestenfalls mittelmäßig und für philippinische Verhältnisse völlig überteuert, was allerdings die meisten Resorts so halten. 200m vom Strand bekommt man für das halbe Geld wesentlich Besseres. Die Whisky-Sammlung der Bar kann sich dafür aber sehen lassen, soweit der Inhalt tatsächlich von den Marken-Inhabern stammt - wenn nicht, wär's wahrscheinlich eine weitere todsichere Gelegenheit.